CDU-Kreisverband Herford

Das hat der neue Fraktionschef der CDU vor

René Siekmann im Interview mit der Neuen Westfälischen

Der 38-jährige René Siekmann ist neuer Fraktionsvorsitzender der CDU in Enger. Die Christdemokraten stellen seit der Kommunalwahl im September die größte Fraktion im Engeraner Stadtrat. Aber um allein zu „regieren“, reicht es nicht. Wie der neue Fraktionsvorsitzende die Lage beurteilt, verrät er im Interview.
Foto: Ekkehard WindFoto: Ekkehard Wind

Herr Siekmann, Sie sind gerade 38 Jahre alt geworden und zum neuen Fraktionsvorsitzenden der CDU im Rat der Stadt Enger gewählt worden. Kommt jetzt neuer Schwung in die Fraktionsarbeit?

RENÉ SIEKMANN: Das glaube ich schon, allein schon deshalb, weil wir uns als Fraktion insgesamt verjüngt haben. Wir haben auch einige neue Mitglieder und sachkundige Bürger. In den ersten Gesprächen hat man schon gesehen: Da ist eine gewisse Aufbruchstimmung zu spüren.

Was qualifiziert Sie für diese Führungsaufgabe?

Ich bin schon seit sechs Jahren im Rat und habe dadurch kommunalpolitische Erfahrungen sammeln können. Und ich habe als Stadtverbandsvorsitzender der CDU mit unserem Bürgermeister-Kandidaten Philip Kleineberg im Wahlkampf sehr viel Themen abgearbeitet und Neues aufgenommen. Ich habe mit Stefan Böske, mein Vorgänger als Fraktionsvorsitzender, gut zusammengearbeitet. Das hat funktioniert. Letztlich war auch für mich klar: Ich traue mir die Aufgabe zu. Man muss als Vorsitzender den Willen haben, konfrontativ zu agieren, wenn es bestimmte Situationen erfordern. Andererseits muss man aber auch in der Lage sein, einen Ausgleich mit anderen Fraktionen hinzubekommen. Deshalb ist es nicht schlecht, wenn man schon ein paar Jahre dabei gewesen ist und die handelnden Personen kennt.

Die CDU ist durch die Kommunalwahl stärkste Fraktion im Stadtrat geworden. Leiten Sie daraus einen Führungsanspruch ab?

Ja, definitiv. Wir sind als stärkste Fraktion in der Pflicht, konstruktiv zu arbeiten und Mehrheiten zu beschaffen. Wir können uns nicht mehr auf die Position zurückziehen, dass wir Opposition sind. Wir wollen natürlich unsere eigenen Themen umsetzen und müssen dafür Mehrheiten finden. An der einen oder anderen Stelle wird man Kompromisse schließen und Vorschläge mittragen müssen, auch wenn diese nicht zu einhundert Prozent CDU-Positionen sind.

Allein zu „regieren“, dazu reicht es nicht. Sie brauchen Stimmen aus einer anderen Fraktion.

Ja, das stimmt. Wir brauchen entweder die SPD oder die Grünen. Und wir wollen auch die FDP einbinden, wenngleich sie für eine Mehrheit nicht zwingend erforderlich ist. Ich kann mir vorstellen, bei unterschiedlichen Themen teils mit der SPD und teils mit den Grünen zu agieren.

Aber SPD und Grüne hätten auch zusammen eine Mehrheit gegen die CDU.

Ja, zur Wahrheit gehört, gegen SPD und Grüne hätten wir keine Chance, eine Mehrheit zu bekommen. In interfraktionellen Vorgesprächen aber herrschte eine sehr konstruktive Atmosphäre. Ein gutes Zeichen für alle Beteiligten – denn man hatte überhaupt nicht den Eindruck, dass sich irgendjemand auf Fundamental-Positionen zurückzieht.

Mit welcher Fraktion hat die CDU denn die meisten inhaltlichen Überschneidungen?

Das ist eine gute Frage. Bei Stadtplanung und Stadtentwicklung haben wir mit den Grünen eine gute Schnittmenge. Es gibt aber sicherlich einige Themen, wo wir mit der SPD viele Gemeinsamkeiten haben werden. In der Kommunalpolitik gibt es eigentlich keine Koalitionen. Deshalb muss man sich bei den Sachthemen zusammenraufen.

Welche drei Projekte wollen Sie gern im kommenden Jahr anpacken?

Was wir auf jeden Fall auf die Agenda nehmen, ist die Schulwegsicherheit an der Grundschule Enger-Mitte. Hier ist dringender Handlungsbedarf – davor darf man nicht die Augen verschließen. Wir wollen das Projekt einer Außensportanlage am Gymnasium vorantreiben. Dafür werden wir sicherlich Mehrheiten suchen müssen. Das ist aber nichts für das nächste Jahr, sondern dies muss man perspektivisch sehen. Wir wollen darüber hinaus mehr Kontakt zu den Vereinen suchen. Aber hier muss man abwarten, was die Corona-Lage im nächsten Jahr ermöglicht.

Sie selbst haben vor der Kommunalwahl gesagt, Enger braucht keinen Klimaschutzmanager. Haben Sie ihre Meinung geändert?

Nein, das habe ich nicht. Wir können damit natürlich leben, denn es gibt ihn jetzt ja auch in Enger. Die Frage bleibt, ob jede Kommune einen eigenen Klimaschutzmanager braucht, oder ob der nicht besser beim Kreis angesiedelt wäre. Wir werden die Arbeit des Klimaschutzmanagers kritisch begleiten und beobachten, was er in den Umweltausschuss einbringt. Wenn gute Impulse kommen, bin ich bereit, meine Meinung zu ändern. Gegenwärtig bin ich eher skeptisch, ob uns das wirklich weiterbringt. Ich bin sehr gespannt, wie sich das entwickelt.

Die Amtsgeschäfte im Rathaus werden von einem SPD-Bürgermeister geführt, der seine Vorstellungen durchsetzen will und dafür Mehrheiten im Stadtrat suchen wird. Was will dem die CDU entgegensetzen?

Ganz klar ist: Der Wahlkampf ist zu Ende. Wir wollen konstruktiv zusammenarbeiten. Wir sehen den Bürgermeister nicht als Gegenpol. Wenn er gute Vorschläge hat, wird er auch mit uns eine Mehrheit bekommen können. An der einen oder anderen Stelle werden wir dann aber Bedingungen stellen.

Die CDU fordert eine Außensportanlage in der Nähe des Gymnasiums. Kann sich Enger das finanziell leisten?

Das wäre sicherlich eine große finanzielle Ausgabe. Es muss kritisch geprüft werden, inwieweit das Projekt durch öffentliche Zuschüsse gefördert werden kann. Die Notwendigkeit einer solchen Anlage sehen wir aber.

Wie steht es denn um die Finanzen der Stadt?

Das ist ein Problem. Wir sind als Kommune hoch verschuldet, wie viele andere Städte in NRW. Wir sind bei größeren Projekten darauf angewiesen, Zuschüsse zu bekommen. Der Handlungsspielraum wird sich wahrscheinlich weiter einengen, gerade auch durch die gegenwärtige Corona-Lage. Deshalb ist es eines unserer zentralen Ziele, die Wirtschaftsförderung zu intensivieren. Da waren wir in Enger, um es vorsichtig zu formulieren, bislang nicht gerade Vorreiter. Wir müssen die Standortvorteile, die es ja durchaus gibt, stärker herausstellen.

Sie sind selbstständig, führen ein Steuerberatungsbüro. Wie viel Zeit müssen Sie für die Kommunalpolitik opfern?

Dieses Jahr ist kein Maßstab, denn ein Wahljahr ist für alle hart. Aber rund sechs Stunden sind es schon, die für mich pro Woche anfallen.

Wie entspannen Sie sich in Ihrer Freizeit?

Ich laufe gern sonntags meine 10 bis 12 Kilometer. Außerdem fotografiere ich gern. Und ich muss sagen, die Kommunalpolitik ist immer noch ein Hobby, denn sie macht mir eine Menge Spaß.